en ocasión del acto del Día Mundial de la Poesía de la Unesco (Berlín, 20 de marzo de 2015)
Jorge Semprún las Paul
Valèry im KZ Buchenwald
(und in den Latrinen
sagten
er und seinen Genossen
auch Heine auf, gemeinsam
im Chor
am heiligen Sonntag, an
dem man die Männer
in den Latrinen weniger
stark bewachte)
Im größten KZ für
Frauen auf deutschem Staatsgebiet sammelte Vlasta Kladivova Gedichte
über Gedichte
(die ihre Freundin Vera
unter ihrer Matratze versteckte
und vorher noch
illustrierte
mit farbiger Tinte,
gestohlen
aus den
Offiziersbaracken)
In Gusen 1 schrieb der
Dichter Jean Cayrol in den Pausen seinen Chant
d´Espoir auf
ein Holzbrett, das als Tisch diente
(Lazarus,
wieder zum Leben erweckt
durch de Aktionen von
Johann Gruber, der Priester
mit der tätowierten
Nummer 43.050,
der dann drei Tage lang
gefoltert wurde,
bevor er in Händen der
SS verstarb)
Primo Levi rezitierte den
Gesang
des Odysseus nach
Dante, als mit einem Freund in der Schlange vor der Suppenausgabe
stand
(und Jean Samuel
fragte, warum im Lager
von Auschwitz
ausgerechnet
jener
Abschnitt des Inferno
aufgetaucht war)
Jozef Czapski gab in dem
Gefangenenlager von Griazowietz Konferenzen über Proust
(es waren glücklichen
Stunden
die laut ihm
nach dem Gemetzel im Wald
von Katýn
das Schmerzen der
kollektiven Wunde linderten)
In den unterschiedlichen
Außenkommandos, die zum KZ Mauthausen gehörten, schrieb der
Katalane Joaquim Amat seine Gedichte auf das Papier von Zementsäcken
(er versteckte sie,
sehr lang
in den Lagerräumen
und auch unter seiner
Kleidung)
Tatiana Gnedich sagte im
dunklen Gefängnis aus ihrem Gedächtnis Tausende von Verse von Lord
Byron auf, die sie auswendig gelernt hatte
(ihr Wärter war
ergriffen
als er sie die ins
Russische übersetzten Verse rezitieren hörte,
und er verzögerte ihre
Verlegung
in einen sibirischen
Gulag um zwei Jahre,
wo sie 124 Monate
verbrachte
und immer allein im
Gedächtnis
ihre Übersetzung des Don
Juan
perfektioniert hat,
einen Text, den sie –
in Freiheit –
dann diktierte,
nachdem sie buchtstäblich
blind geworden war).
Halten wir es uns vor
Augen (wir,
die wir noch in einem
Konzentrationslager geschrieben haben):
In den Latrinen
In den Betten
Auf den Holzbrettern
Vor den Suppenwagen
In den Speisesälen
Auf den aus den Lagern
gestohlenen Säcken
Auf dem Wachturm, wo die
ungeduldigen Wächter
auf dich lauern:
unberührbare Wesen,
Wörter und Verse.
(Enrique Falcón)